Freitag, 27. Juli 2007

Freunde

Nun ist mein letzter post fast schon einen Monat her. Und das hat seinen Grund: Einen Krankhausaufenthalt wegen einer Lungenembolie. Ich wollte eigentlich nur zum CT ins Krankenhaus, doch haben die mich wegen der angeblich lebensbedrohlichen Erkrankung gleich dabehalten. Zehn Tage war ich außer Gefecht. -
Das und meine Notizen zu hier vorgesehenen Themen gibt mir anlass, einmal über »Freunde« zu sinnieren. Die gleichnamige Erzählung Hesses, in der es sich um asymptotische Annäherung, jedoch letztliche Trennung dreht, sei hier empfohlen.
Was mich betrifft, so haben zwei Personen mein Leben im Alter von knapp dreißig bis knapp vierzig ganz gut bestimmt: Meine Ex-Freundin Clara und ein Studien - »Kumpel« namens NO. Letzterer vermochte es, mein Selbstbewusstsein an der Uni und insbesondere gegenüber den Herren Professoren zu stärken, und mich zu einer kleinen Studentenzeitung abseits des ultralinken Mainstreams der Fachschaftsini zu inspirieren. Seinerzeit war studentisches Engagement eben noch »in« (wie das heute aussieht, ist mir nicht bekannt). Daneben verbrachten wir so einige ebenso langgezogene wie schöne Abende mit wissenschaftlich-philosophischen Gesprächen in dem obligatorischen hopfigen Taumel. Diese Zeiten möchte ich keinesfalls missen. Als er dann, der immer sehr von sich eingenommen war, durch sein zweites Staatsexamen (Lehrerprüfung an der Schule) durchfiel, und er dazu noch meinem Entwurf für meine Dissertation eigene Ideen absprach, platzte mir der Kragen und es war vorbei. Ich hatte bis dato schon vieles über mich ergehen lassen, wie zum Beispiel seine Lieblingskampfbegriffe wie etwa »schleimen« oder »spießig«, welche - wie ich im Nachhinein denke - seine mangelnde soziale Kompetenz dokumentieren. Nun ist es aus. Bald zwei Jahre. Mein Prof. hat mir unterdessen bescheinigt, dass mein bisher Geschriebenes etwas Neues darstellt. Ab und an, an lauschigen Abenden, denke ich schon einmal daran, ihn einmal wieder anzurufen. Doch lieber nicht: Vorbei ist vorbei. Ruhe sanft, Kreuzberger. -
Analoges ist zu ersteren, meiner Ex-Lebensgefährtin Clara, zu berichten: Solange vieles im Leben sich um das Studieren drehte, lief die »Geschichte« ganz gut. Man motivierte und inspirierte sich gegenseitig auf den Wegen der Bildung, und auch die Betreuung ihres behinderten Sohnes war gemeinsam ganz gut zu stemmen. Der ist jetzt 14 und nennt mich schon eine gute Weile »Papa«. -
Als Clara dann aus mir heute noch nicht plausiblen Gründen ihr Studium kurz vor Schluss abbrach (es fehlten noch ein Schein und die Abschlussprüfungen), war es um den gemeinsamen Weg nach Kastalien geschehen: Für sie zählte nur noch der Alltag und mein Äußerliches, welches ich ob einer mittelschweren Midlife-Krise und dem weiter zu beschreitenden philosophisch-geistigen Weg zugegebenermaßen ein wenig vernachlässigt hatte. Vielleicht hat sie meine extrem geistige Lebenseinstellung - gerade nach dem Abbruch ihres Studiums - über die Maßen provoziert? Nun, jetzt ist es aus. Schon 1 1/2 Jahre. Trotzdem bin ich wöchentlich zu Besuch, um meinen Stiefsohn zu sehen. -
Zu dem hier fokussierten Thema »Freunde« noch ein Gedicht von Hermann Hesse:

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit und auch jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
In andre, neue Bindungen zu geben.
Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht erschlaffen;
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.
Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
Des Lebens Ruf wird niemals enden ...
Wohlan denn! Herz, nimm Abschied und gesunde!

Hermann Hesse


In diesem Sinne möchte ich meine pathetische, individuell-philosophische Frage von 1989 wiederholen: »Was sind Freunde?« !

Sonntag, 1. Juli 2007

"Philosoph und Künstler"

Es ist schon ein wenig mehr als nur abgedrehte intellektuelle Eitelkeit, wenn ich mich - und das gar auf selbstgedruckten Visitenkarten - einen "Philosoph und Künstler" nenne. Die Sache nahm so vor gut 20 Jahren ihren Anfang, als meine liebe Mutter mir zu einem Skiurlaub - ich war seinerzeit Wehrdienstleistender - zwei Bücher in den Koffer steckte. Eines davon war von Luciano de Creszenzo und handelte in unterhaltsamer Weise von Philosophie. Zurück in der Kaserne, sinnierte ich dann - abseits von den Kameraden, die immer miteinander im Pausenraum Skat spielten - über meine Lebenspläne. Einer davon war, Philosophie zu studieren. Nach einigen Unterbrechungen realisierte ich dieses Ziel dann auch: In Berlin endlich eine Wohnung gefunden, immatrikulierte ich mich an der Freien Universität Berlin mit dem Nebenfach Philosophie. Angefangen habe ich im Sommersemester 1990 mit dem guten René Descartes: Mit den »Meditationes de prima philosophia« und dem »Discours de la méthode«. Diese beiden Bücher haben in meinem Bücherregal noch heute ihren Ehrenplatz. Später schrieb ich dann eine Arbeit über die Gottesbeweise des Herrn Descartes, und machte auch meine Abschlussprüfung über dessen Meditationen. Diese Tatsachen und, dass ich mittlerweile über hundert Aphorismen geschrieben habe, berechtigen mich meiner Ansicht nach, mich einen »Philosophen« zu nennen. Naja, mag man einwenden: "Si tacuisses, philosophicus mancisses!"*) - Damit habe ich auch schon so meine Probleme gehabt. Des weiteren ist das gar keine so besondere Sache, ein Philosoph zu sein, bedenkt man die Aussage des Buchtitels von Popper: »Alle Menschen sind Philosophen«. -
Mit der Kunst hat das dann ein wenig später angefangen: So im März 1996 machte ich kleine Skizzen mit Blei- und Buntstift, welche ich dann später teilweise in Öl auf Leinwand nachmalte. Immerhin habe ich dann später ein Gemälde für 350,- DM, eines für 500,- DM und eines für € 100,- verkauft. Das und mein Verfassen von so einigen Gedichten und Limericks hat mich ermutigt, einfach mal »Künstler« auf meine Visitenkarten zu schreiben. Bei meiner Ex Clara bin ich damit nicht besonders angekommen, bei ihr und ihrer Familie war man dann immer gleich ein »Angeber«. Doch will ich nicht weiter in diese Kerbe hauen, weiß ich doch, dass zumindest der "enzo berl" mit seiner Ost-Perle ganz glücklich zusammenlebt. -
Dies also noch zu dem Untertitel meines Pseudonyms.

*) »Wenn du geschwiegen hättest, wärest du ein Philosoph geblieben!«

Maximilian, vielleicht auch Diogenes