Sonntag, 23. September 2007

Philosophie

Hier noch eine kleine Bemerkung zu dem Thema, wie ich zur Philosophie kam. 1987, als wehrdienstleistender Soldat, hatte ich einen Urlaub, den ich skifahrender Weise im schönen Südtirol verbrachte. Meine weise und fürsorgende Mutter steckte mir zwei Bücher ins Gepäck: Eines zum Feminismus und eines über Philosophie: Luciano de Crescenzo: »Neapel: Liebe und Freiheit«. In diesem schönen Buch geht es in unterhaltsamer Weise um Philosophie. Kurzum: Nach der Rückkehr in die Kaserne sonderte ich mich von den Kameraden ein wenig ab: Während sie im Pausenraum Kaffee tranken und Skat spielten, saß ich allein mit meinem Kaffee und Pausenbrot in der Sonne vor den Werkstatttoren und sinnierte über meine Zukunft: Alle sozialen Systeme wären langweilig, ich müsse entweder Schauspieler werden, Clochard, oder Philosophie studieren. Letzteres hab ich dann auch getan, jedenfalls im Nebenfach: Eben Philosophie studieren. Als Gegenmittel zur Verzweiflung und Langeweile. Eben so kam ich zur Philosophie.

Sonntag, 16. September 2007

Astrologie

Als Ergänzung zu den Überlegungen über Glaube ist über mein Verhältnis zur Astrologie zu berichten. Vor der Aufnahme meines Studiums an der FU Berlin beschäftigte ich mich eingehend mit Astrologie: Das Sternkreiszeichen beschreibt »nur« die Verhaltensweisen, wichtiger ist der Aszendent, der sich nach der Geburtsstunde berechnet, und ein eingehenderes Horoskop erhält man erst, wenn man die Stellungen der einzelnen Planeten in den Tierkreiszeichen am Tage seiner Geburt und die Aspekte, also die Beziehungen der Planetenstände im Einzelnen berücksichtigt. Für mich als geistig Hungrigen, teils auch Abergläubigen war dies ein gefundenes Fressen: Einerseits konnte ich meine Neugier auf Neues stillen, andererseits einmal andere als die gängigen Autoritäten in Anspruch nehmen. -
Später, an der Uni, hatte ich dann die Ehre, ein religionswissenschaftliches (religionspsychologisches) Seminar zu »Orakel und andere Devinationsverfahren« besuchen zu dürfen. Kaffeesatz, Leberschau, Astrologie und andere Orakel wurden beschrieben und psychologisch untersucht. Quintessenz: Wenn der Mensch nicht mehr weiter weiß, greift er zu Orakeln oder der Astrologie, um sich seinen Weg weisen zu lassen. Nietzsche mit seiner Konzeption des »Übermenschen« hätte dies sicherlich als Schwäche gewertet. -
Hinzu kam dann noch das Interesse an der chinesischen Astrologie, welche - im Gegensatz zu der westlichen Astrologie, welche sich an der Sonne orientiert - sich auf den Mond beruft. Hier berechnet sich ein Sternzeichen nicht monatlich, sondern jährlich. Übrig geblieben sind die astrologische Traumtabelle, die Einem deutet, was es bedeutet, wenn man etwas in der Zeitspanne eines Tierkreiszeichen träumt, und der Hang zu diversen Orakeln neben dem I Ging. Dabei nehme ich das Ganze jedoch ziemlich locker, und orakle so lange, bis ein guter Spruch dabei herauskommt. -
Religionsphilosophisch und hoffentlich auch ein wenig weise möchte ich schließen mit der Bemerkung: Auch »Aberglaube« ist Glaube.

Montag, 10. September 2007

Glaube

Ich ward zwar evangelisch-lutherisch getauft und konfirmiert, doch ernsthafte Gedanken über meinen Glauben habe ich mir erst während meines Studiums hier in Berlin gemacht: Insbesondere durch zwei Seminare in der Religionswissenschaft zu »Nietzsches Religionskritik«, in denen klar wurde, dass der gute Bursche die christliche Religion insbesondere ob ihrer moralischen Machtausübung durch Priester und Pastoren kritisierte, zweifelte ich an meinem tradiertem christlichen Glauben. Und trotzdem ich nicht, wie der Rest meiner Familie, aus der Kirche ausgetreten bin, überkommt mich ein kleines Gefühl der Scham von Unaufrichtigkeit, wenn ich bei einem Kirchgang das Glaubensbekenntnis mitzusprechen habe. Nicht zu vergessen auch die ungelöste Frage (Aporie) der Theodizee (si deus, unde malum? - Wenn es einen Gott gibt, warum gibt es dann das Böse auf der Welt?). Da ist mir die Forderung des Existentialisten Jean-Paul Sartre nach Aufrichtigkeit schon lieber. Oder die Überlegungen zu dem absurden Menschen von Albert Camus. In dessen Anschluss nicht zu vergessen die Gedanken eines Solipsismus. Dies als kleiner philosophischer Ausflug zum Thema Glaube. Aus der Kirche austreten werde ich trotz meines Skeptizismus nicht. Seinerzeit war folgendes bei mir ein Topos: »Ideologien als Religionsersatz«. Das deutet auf meine religionswissenschaftliche Überzeugung hin, ein jeder Mensch brauche einen Glauben oder eine Überzeugung. -
Mein Interesse für den Buddhismus dagegen ist schon so etwa 17 Jahre her (eben nicht »alt«), und wurde durch die Freunde, mit denen der TFCWED gegründet wurde, gründlich wiederbelebt. Mit diesen Erfahrungen bleibe ich nun ein weiteres Mal skeptisch, und wenn man mich bezüglich meines Glaubens beschreiben möchte, dann bitte als einen Gläubigen zwischen Christentum und Buddhismus. Und als Skeptiker, selbstverständlich.

Sonntag, 9. September 2007

Ein Buchhändler

Es war einmal in einer schönen Zeit, da fuhr ich täglich mit dem Fahrrad zur Freien Universität Berlin, und besuchte so manches Mal eine Buchhandlung auf meinem Rückweg, um ein Fachbuch zu bestellen, wenn es das Portemonnaie erlaubte, oder um einfach mal in der Vielfalt der Bücher zu stöbern. Da kam ich ins Gespräch mit einem ebenso pfiffigen wie netten Buchhändler, Herrn G., der mir über die Welt der Bücher Auskunft geben konnte, was ich mit meinen Erfahrungen an der Uni zurückzuzahlen vermochte: Eben dass es auch noch in der Wissenschaft einen Zeitgeist gäbe, dass ich - der sich auf der Suche nach einer engültigen Wahrheit befand - darum etwas enttäuscht wäre. In meiner Krankheitsphase behauptete ich daher meiner Frau Mutter gegenüber, ich sei hier (s. »Heimat«!) bekannt, wenn nicht gar charismatisch anerkannt. Das wurde mir als pathologisch angerechnet... -
Nach einer zwei- bis dreijährigen Pause der Besuche in der Buchhandlung - ich hatte den misanthrophischen und bequemen Weg der Internet-Bestellung gewählt - tauchte ich einmal wieder in der Buchhandlung auf, und, siehe da, Herr G. begrüßte mich mit dem Worten: "Guten Tag Herr Ferch, wie geht es Ihnen?" Er kannte mich also immer noch, was der Einschätzung meiner Frau Mutter, mein Charisma sei immer nur eingebildet, immens widersprach. - Nun ging ich zum Erwerb von Büchern wieder regelmäßig in die Buchhandlung, nicht zuletzt, um den spitz- bis lausbübischen Esprit des Herrn G. zu genießen. Einst wollte ich mir ein buddhistisches Buch anschaffen, und traf in der Buchhandlung Herrn G. an. Ich nannte ihm für die Bestellung Autor und den Titel »Egoismus besiegen«. Da schaute er mich nur schelmisch an und fragte: "Warum?" ... -
Nun ist er fort aus Lichterfelde, er hat einen neuen Job am Kaiserdamm. Eigentlich mehr als ein wenig schade.